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Mehr Solidarität mit den Ärmsten

In unserer Gesellschaft schwindet die Zustimmung für Entwicklungszusammenarbeit. Und auch der Staat hat seine Entwicklungsetats zuletzt drastisch gekürzt. Eine enorme Kurzsichtigkeit – findet KOLPING INTERNATIONAL und fordert zum Tag der Sozialen Gerechtigkeit mehr Solidarität mit den Ärmsten.

Deutschland hat sich über Jahrzehnte hinweg als verlässlicher Partner in der Entwicklungszusammenarbeit einen Namen gemacht. Doch in den letzten Jahren gerät dieses Engagement zunehmend in Gefahr. Eine Kombination aus politischen Prioritätenverschiebungen und mangelndem öffentlichen Interesse bedroht die Zukunft der deutschen Entwicklungspolitik – und damit die Lebensperspektiven von Millionen Menschen im Globalen Süden.

Die jüngsten Haushaltsverhandlungen in Berlin senden ein alarmierendes Signal: Die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit wurden angesichts der angespannten Finanzlage der Bundesregierung drastisch gekürzt. Während in der öffentlichen Debatte die Kosten für Energiekrisen, Verteidigung und den Sozialstaat dominieren, wird die Entwicklungszusammenarbeit vielfach als entbehrlich dargestellt. Diese Haltung spiegelt sich auch in den Parteiprogrammen wider. Entwicklungsfragen sind bei den meisten politischen Akteuren bestenfalls Randthemen – im aktuellen Wahlkampf spielen die Schicksale der ärmsten Menschen der Welt kaum eine Rolle. Bundestagsabgeordnete berichten, dass man sich in diesem Politikfeld keinen Namen machen kann.

Besonders kontrovers ist der Vorschlag der FDP, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) komplett abzuschaffen. Diese Idee wird mit der Notwendigkeit begründet, die Staatsausgaben zu reduzieren und Verwaltungsstrukturen zu verschlanken. Kritiker warnen jedoch zurecht, dass eine Abschaffung des BMZ nicht nur symbolisch fatal wäre, sondern auch die Effizienz und Kohärenz der deutschen Entwicklungspolitik nachhaltig schwächen würde.

Warum Entwicklungszusammenarbeit wichtig bleibt

Gute, weil effektive Entwicklungspolitik ist nicht nur ein Akt der Solidarität, sondern auch im nationalen Interesse Deutschlands. Sie trägt zur Stabilisierung fragiler Regionen bei, reduziert die Ursachen von Flucht und Migration und schafft langfristige wirtschaftliche Partnerschaften. Erfolgreiche Projekte, wie die Förderung nachhaltiger Landwirtschaft oder der Ausbau von Bildungssystemen, wirken oft als Multiplikatoren: Sie verbessern nicht nur die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort. Sie fördern auch globale Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung.

Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit mit ländlichen Gemeinden in Afrika. Kleinbäuerliche Förderprogramme, wie sie KOLPING INTERNATIONAL vielerorts unterhält, zeigen, dass sich die Ernährungssicherheit von Familien bereits mit wenigen Maßnahmen nachhaltig erhöhen lässt. Starthilfen sowie landwirtschaftliche Schulungen schaffen Einkommensquellen und fördern den sozialen Frieden vor Ort. Solche Projekte sind jedoch nur möglich, wenn sie ausreichend finanziert werden.

Die Rolle der christlichen Solidarität

In einer Zeit, in der wirtschaftlicher Druck und politische Polarisierung den Blick auf das Wesentliche trüben, braucht es eine Rückbesinnung auf christliche Werte. Solidarisch mit den Ärmsten zu sein, gehört zu den Grundpfeilern unseres christlichen Glaubens. „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ – diese Worte Jesu rufen uns ins Gedächtnis, dass Verantwortung eben nicht an den nationalen Grenzen endet. Wir bei Kolping wissen und leben das – als Weltfamilie, die sich geschwisterlich umeinander kümmert.

Entwicklungspolitik ist gelebte Nächstenliebe. Sie schenkt Menschen Hoffnung und Perspektiven, die sonst keine Chance auf ein würdiges Leben hätten. Kirchliche und zivilgesellschaftliche Akteure wie unser Kolpingverband helfen zudem oft auch dort, wo staatliche Strukturen versagen. Doch sie können diese Aufgabe nicht allein stemmen. Es braucht den politischen Willen, diese Arbeit mit öffentlichen Mitteln zu unterstützen und zu ergänzen.

Weckruf für Politik und Gesellschaft

Es ist an der Zeit, dass die Entwicklungszusammenarbeit wieder den Stellenwert erhält, den sie verdient. Die Kürzung der Etats und die politische Vernachlässigung dieses Bereichs sind kurzsichtig und werden uns langfristig teuer zu stehen kommen – menschlich wie ökonomisch. Deutschland sollte nicht nur an seinen internationalen Verpflichtungen festhalten, sondern auch die Chance nutzen, ein Vorbild für gelebte globale Verantwortung zu sein.

Ein starkes Engagement für den Globalen Süden ist keine Frage des Altruismus allein. Es ist eine Investition in eine gerechtere Welt und in unsere eigene Zukunft. Angesichts zunehmender globaler Herausforderungen wie Klimawandel, Pandemien oder steigende Fluchtbewegungen müssen wir als Weltgemeinschaft zusammenarbeiten und zusammenhalten. Das beinhaltet auch, weiterhin denjenigen zu helfen, die am meisten auf unsere Unterstützung angewiesen sind. Nur so können wir dem Anspruch unseres christlichen Glaubens gerecht werden, eine solidarische und menschliche Gesellschaft zu bleiben.

Dr. Markus Demele und Michaela Roemkens

erschienen im Kolping-Magazin Februar 2025